Foto: Ragnar Müller |
Fakovici ist fast schon unsere zweite Heimat in Bosnien geworden. Fakovici liegt ganz im Osten des Landes an dem großen Fluss Drina, in der Nähe von Srebrenica. Was haben wir diesmal erlebt?
Seit etwa 8 Jahren arbeiten wir, zusammen mit den Bewohnern dieses Dorfes, an dem großen landwirtschaftlichen Entwicklungsprojekt „Himbeeren-Anbau“. Ziel des Projektes ist, den Bewohnern einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit eine Einkommensverbesserung durch fachgerechten Beerenobstanbau zu ermöglichen. Ich möchte heute eine kurze Bilanz aus meiner Sicht ziehen.
Rückblickend darf ich sagen, bei diesem Projekt sind Menschen über sich hinausgewachsen, vorneweg Ingrid Halbritter, die als Pharos-Projektleiterin in Fakovici gewissermaßen ein mittelgroßes Geschäft aufbauen half, aber auch Bewohner des Dorfes wie Slavica Lalusic, die treibende Kraft vor Ort und Koordinatorin. Karl Josef Does, unser Pharos-Leitungsteam-Mitglied muss genannt werden, er hat uns ganz wesentlich unterstützt bei unseren zahlreichen Projektbesuchen und bei der Ausarbeitung betriebswirtschaftlicher Kalkulationen und Konzepte zu deren Umsetzung.
Wir erlebten während unserer vielen Besuche vor Ort, aber auch zwischendurch Höhen und Tiefen bei der Durchführung des Projekts. Wasserreservoire wurden gebaut und Bewässerungssysteme bis zur Himbeer-Staude verlegt, Maschinen zur Bodenbearbeitung wurden angeschafft, eine Erzeugergemeinschaft gegründet, zahlreiche Versammlungen, auch mit uns zusammen, abgehalten, und wir luden zu vielen Weiterbildungen ein. Darüber hinaus hielten wir Kontakt zu dem Bürgermeister der 30 Kilometer entfernten Kreisstadt Bratunac. Mit ihm haben wir einen intensiven, offenen Erfahrungsaustausch gepflegt, der Früchte trug.
Wir erfuhren Vertrauen und erfrischende Kooperation mit Menschen vor Ort, besonders mit einem landwirtschaftlichen Fachberater aus Srebrenica, der jede Plantage der Beerenanbauern besuchte, um sie detailliert zu beraten. Aber wir erlebten eben auch unbegreifliches Misstrauen, wenn sich jemand benachteiligt behandelt fühlte oder wenn uns fälschlicherweise unterstellt wurde, wir würden Projektgelder zweckentfremdet ausgeben. Dies war mitunter schwer auszuhalten. Jedenfalls taten wir alle unser Bestes, um das Projekt zum Erfolg zu führen.
Es war dann im Jahr 2016, als wir stolz berichteten, das Projekt habe nun ohne unsere Hilfe „laufen gelernt“. Das wollten wir, Heike Schesny-Hartkorn, unsere neue Vorsitzende, Ingrid Halbritter und ich bei unserem Besuch im Oktober 2018 genauer wissen und aus erster Hand erfahren.
Gleich am ersten Tag unserer Reise setzten wir uns abends mit dem Vorstand und mit einigen Mitgliedern der Erzeugergemeinschaft zusammen. Im schönen Besprechungszimmer der Erzeugergemeinschaft übrigens, welches ebenfalls vom Pharos-Projekt finanziert worden war. Es war wohltuend, altbekannte Gesichter wiederzusehen.
Was ist denn nun aus unserem gemeinsamen Projekt geworden, fragten wir. Hat sich die Mühe gelohnt, kann man auf den Plantagen heute mehr und bessere Qualität ernten als vor 8 Jahren? Konntet Ihr Euer Einkommen verbessern? Das Gespräch wogte hin und her, manche Himbeeren- Anbauer haben inzwischen Anschluss für Bewässerung auf ihren Plantagen, andere nicht. Mal bringt ein Jahr Trockenheit, dann wieder fällt Regen zur falschen Zeit, dann schwankt der Weltmarktpreis für Himbeeren von Jahr zu Jahr. Doch unterm Strich zogen die Anwesenden folgende Bilanz.
Ja, wir haben wirklich viel erreicht. Die zahlreichen Maßnahmen des Projektes haben zu teilweise erheblichen Produktionssteigerungen, einer besseren Beeren-Qualität und auch zu Einkommensverbesserungen geführt. Haupt-Erfolgsfaktoren waren
- Bewässerung (etwa 45%)
- Weiterbildungsmaßnahmen zu den Themen Düngung, Schutz und Pflege der Pflanzen (etwa 35%)
- Maschinen zur Bodenbearbeitung (etwa 20%)
Wie soll es künftig weitergehen, fragten wir? Aufgabe der Erzeugergemeinschaft ist weiterhin, ein Projekt-Darlehen zu verwalten, das den Mitgliedern zum gemeinsamen Einkauf für Dünge- und Pflanzenschutzmittel zur Verfügung steht. Auch sind zwei Bodenbearbeitungs-Geräte (Motokultivatoren) technisch zu warten und zu verwalten, damit sie an Mitglieder gegen eine Gebühr ausgeliehen werden können.
Am Ende unserer Besprechung war zu unserer Freude der Wille bei den Anwesenden aus Fakovici zu erkennen, zum Wohle der Mitglieder ehrenamtlich weiterzuarbeiten. Das Entscheidende und Ermutigende an dem Gespräch war die Aussage: Ja, wir haben viel gelernt durch das Projekt und wir sind bereit, das Erlernte langfristig anzuwenden. Natürlich jeder auf seine Weise, nach seiner Überzeugung und nach seinen Möglichkeiten.
So komme ich zu dem Schluss, in Fakovici haben wir Hilfe zur Selbsthilfe geleistet und so ist Hoffnung vor Ort entstanden, Einkommen zu verbessern. Dies ist kein unwichtiger Beitrag für die Menschen dort, in der Heimat zu bleiben, um dort den Lebensunterhalt zu erarbeiten.
Dass unser Projekt zur Inspiration geworden ist für die Durchführung eines sehr großen Projektes der Gemeinde Bratunac, das die Weltbank mitfinanziert, ist uns eine besondere Freude und Genugtuung: Auf dem gesamten Gemeindegebiet werden nach unserem Vorbild derzeit Bewässerungsanlagen für Beerenobstplantagen gebaut!
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