Vor kurzem habe ich in diesem Blog Lektüreempfehlungen für all diejenigen zusammengestellt, die etwas mehr über Roma wissen möchten. Die dort genannten Ressourcen und Bücher können nun um ein kürzlich im Wochenschau Verlag erschienenes Buch ergänzt werden:
Max Matter (2015), Nirgendwo erwünscht. Zur Armutsmigration aus Zentral- und Südosteuropa in die Länder der EU-15 unter besonderer Berücksichtigung von Angehörigen der Roma-Minderheiten, Schwalbach/Ts.Auf der Verlagsseite wird das Buch folgendermaßen beschrieben:
"Die Einwanderung von Roma gilt in Westeuropa als Problem, weil sie arm sind und weil eine Belastung des Wohlfahrtsstaats gefürchtet wird. Dabei werden regelmäßig die großen Unterschiede zwischen den Roma-Gruppen übersehen. Die politische Abwehr gegen sie greift alte antiziganistische Vorurteile auf und verstärkt diese. Die Bekämpfung des Rassismus denjenigen gegenüber, die zu uns kommen, weil sie auf der Flucht sind oder von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machen, wird nicht ausreichend als politische Aufgabe anerkannt. Dieser Band liefert sachliche Grundlagen für eine Diskussion über gesellschaftspolitische Aufgaben und politische Entscheidungen zur Verbesserung der Inklusion und Teilhabe von Roma in Deutschland. Max Matter gelingt es, die Brücke von der fachwissenschaftlichen Diskussion zum kommunalen Alltag zu schlagen: unentbehrlich für alle, die verantwortlich und korrekt informiert für Roma Politik machen wollen."Weitere Informationen zu Buch und Autor finden sich auf der Website "Mediendienst Integration", die über die Buchpräsentation im Dezember 2014 berichtet:
"Bei der Präsentation erklärte der Ethnologe: 'Die Roma gibt es nicht.' Roma seien – anders als von der EU, dem Europarat und einigen Romanationalisten gerne dargestellt – 'kein in sich geschlossenes Volk, sondern allenfalls ein Konglomerat ethnischer Gruppen'. Romagruppen unterscheiden sich demnach unter anderem in ihren Sprachen und Dialekten, Religionen usw. Ihre Gemeinsamkeit in Europa liege in der 'leider überall festzustellenden Ausgrenzung, Missachtung und Benachteiligung', so Matter. Sie seien schlicht 'nirgendwo erwünscht'. Hinzu komme großes Desinteresse: Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeige etwa, wie wenig die Bevölkerung über die Minderheiten weiß. Matter kritisiert, dass die Vielfalt in den verschiedenen Roma-Gruppen in den Debatten meist ebenso ignoriert wird, wie die Gründe für ihre Migration" (http://mediendienst-integration.de/artikel/migration-von-roma-max-matter-buch-nirgendwo-erwuenscht.html).Der Mediendienst Integration stellt auch über den zitierten Artikel hinaus eine hervorragende Informationsquelle zum Thema Roma dar. So beantwortet etwa ein Dossier "Sinti und Roma" grundlegende Fragen:
- Wer sind "die Roma"?
- Sinti? Roma? Wie bezeichne ich die Gruppe richtig?
- Wie viele Sinti und Roma leben in Deutschland?
- Als nationale Minderheit anerkannt: was heißt das?
- Antiziganismus in Deutschland
- Antiziganismus in der Europäischen Union
- EU-Fortschrittsbericht zu Roma
- EU-Förderungen für die Integration von Sinti und Roma
- Die Roma-Dekade: 2005 bis 2015
- Untersuchung zu Roma im Bildungsbereich
- Ansprechpartner zu Roma & Sinti
Beim Mediendienst Integration handelt es sich um "eine Informations-Plattform für
Medienschaffende (...). Hier finden Journalisten
mit wenigen Klicks die wesentlichen Informationen zu den Themenfeldern
Migration, Integration und Asyl in Deutschland. (...) Der Mediendienst ist ein Projekt des 'Rats für Migration e.V.' (RfM), einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforschern. Seit seiner Gründung setzt er sich für eine differenzierte Debatte über die Politikfelder Migration und Integration ein" (siehe http://mediendienst-integration.de/ueber-uns.html). Was das Thema Roma betrifft, seien noch die folgenden drei Beiträge empfohlen:
(1) Offener Brief (07.04.2014): "Niemand von uns verlässt gerne seine Heimat"
(1) Offener Brief (07.04.2014): "Niemand von uns verlässt gerne seine Heimat"
"Als ich den Menschen in Stolipinovo über die Debatte in Deutschland
zu Armutsmigration erzählte, waren sie sehr überrascht", sagt der
Stadtsoziologe. Insbesondere wunderte sie die Vorstellung, sie würden
nach Deutschland ziehen, um Sozialleistungen zu beantragen. "Fast
niemand in Stolipinovo hat jemals etwas von Sozialleistungen gehört",
berichtet Kurtenbach.
(2) Antiziganismus-Gutachten (18.07.2014): "Medien reproduzieren 'Zigeuner'-Stereotype"
"Sie klauen, entführen Kinder oder sind Analphabeten auf Wanderschaft: Vorurteile gegenüber Sinti und Roma sind in den Medien weit verbreitet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die den Antiziganismus in den deutschen Medien umfassend untersucht hat. Demnach werden in Berichten über 'Armutszuwanderung' oder 'Einbrecher-Banden' uralte Klischees reproduziert, die von Journalisten oft nicht erkannt und hinterfragt werden. Öffentlich-rechtliche Medien bilden dabei keine Ausnahme."
(3) Interview (20.01.2014): "Sätze, die für keine andere Gruppe geschrieben würden"
"In der aktuellen Debatte wird der Begriff "Armutszuwanderer" häufig als Synonym für Roma aus Osteuropa verwendet. Antiziganismusforscher Markus End kritisiert das in einem Interview mit der Deutschen Welle. Die Existenz gebildeter und wohlhabender Roma, die nicht ins Klischeebild passen, gehe in der Diskussion völlig unter. In den Medien sei zu wenig Sensibilität für Antiziganismus vorhanden."